AIK – keine Angst vor hohen Drücken
Posted by VASO prime / August 24th, 2017 / No responsesDie apparative intermittierende Kompressionstherapie (AIK) ist in der Schweiz noch wenig bekannt. Entsprechend zurückhaltend wird sie von Ärzten verordnet, aus Sorge, den Patienten falsch zu beraten. Wir zeigen Ihnen an dieser Stelle für welche Patienten die AIK geeignet ist und welche Drücke ohne Bedenken anwendbar sind. Eine kurze Information für Ärzte und interessierte Patienten.
Indikationen
Die AIK hat verschiedene Anwendungsgebiete. Die deutsche Gesellschaft für Phlebologie nennt in ihren Leitlinien zur intermittierenden pneumatischen Kompression (1) folgende:
- Thromboembolie-Prophylaxe
- postthrombotisches Syndrom
- Ulcus cruris
- venöse Ödeme
- posttraumatische Ödeme
- Lymphödeme
- Lipödeme
- Ödem-Mischformen
- periphere arterielle Verschlusskrankheit unter strenger Kontrolle
- diabetischer Fußdefekt
- sensorische Störung bei Hemiplegie
Eine neuere Studie (2) zeigt ausserdem auf, dass die AIK wirkungsvoll ist in der Behandlung des Restless Leg Syndroms.
Kontraindikationen
Die Kontraindikationen gemässe den Leitlinien der deutschen Gesellschaft für Phlebologie sind:
- dekompensierte Herzinsuffizienz
- ausgedehnte Thrombophlebitis
- Thrombose oder Thromboseverdacht
- Erysipel
- schwere nicht eingestellte Hypertonie
- akutes Weichteiltrauma der Extremitäten
- Neuropathie
- okkludierende Prozesse im Lymphabstrombereich
Hohe Drücke = gute Wirkung
Immer wieder werden wir von Patienten und Ärzten gefragt, ob hohe Drücke bei der AIK nicht schädlich sind für die Gefässe. Schliesslich liegt der Gefässinnendruck unter den möglichen Behandlungsdrücken vieler AIK Geräte. Die Befürchtung mit der AIK Gefässe zu zerdrücken ist jedoch weitgehend unbegründet. Der Druck in der Gewebeflüssigkeit bleibt jeweils deutlich unter dem Druck in den Kammern der Manschette, wie eine Studie (3) festgestellt hat. In der Tat scheint sogar das Gegenteil der Fall zu sein. Zu niedrige Drücke über eine zu kurze Aufpumpphase sind kaum wirkungsvoll.
Bei Phlebolymphödem
Die chronische venöse Insuffizienz und das dadurch ausgelöste Ödem sind aufwändig zu behandeln. Mit der AIK gibt es eine sinnvolle Ergänzung zur Standardtherapie bestehend aus Kompressionsstrümpfen/ Kompressionsverbänden und manueller Lymphdrainage. Welche Drücke geeignet sind um Schwellungen wirkungsvoll zu behandeln haben Taradaj et al. (4) untersucht. Beim Vergleich der Behandlungsdrücke von 60 und 120 mmHg war die Wirksamkeit bei 120mmHg Behandlungsdruck deutlich besser.
Bei Lymphödem
Ähnlich verhält es sich beim reinen Lymphödem. 2017 ist es Dr.Shinya Kitayama (5) das erste Mal gelungen, die abflusssteigernde Wirkung der AIK in Echtzeit nachzuweisen. In der Studie wurde der Lymphfluss mit einer Spezialkamera durch AIK-Manschette und Haut aufgezeichnet. Dabei konnte festgestellt werden, dass hohe Drücke (in der Studie 90 mmHg) den Lymphfluss stärker beschleunigen als niedrige Drücke (45 mmHg). Zu erwähnen gilt, dass die Tests an Personen mit Lymphödem Stadium 1 und 2 mit milden bis mittleren Symptomen durchgeführt wurde. Die Studienautoren folgern, mit Blick auf die Studie von Zaleska (2013), dass bei fortgeschrittenen Fibrosen allenfalls höhere Drücke notwendig sein könnten.
Keine negativen Langzeitfolgen
Immer wieder hört man, dass die AIK zu Fibrosen führt oder Genitallymphödeme auslöst. Beides konnte in einer Studie (6) mit dem relativ langen Untersuchungszeitraum von 3 Jahren wiederlegt werden. Alle im Versuch eingeschlossenen Probanden wiesen bereits nach kurzer Zeit geringere Beinumfänge und eine erhöhte Gewebeelastizität auf. Ein Genitallymphödem ist bei niemandem aufgetreten.
Mehr Studien und ausführliche Informationen zum Thema AIK finden auf der Seite Verordnung der AIK.
Folgerung
Die AIK erlaubt eine wirkungsvolle Behandlung von venösen und lymphatischen Schwellungen. Sie beschleunigt den Lymphfluss, reduziert die Umfänge und macht das Gewebe weicher. Um von dieser Wirkung zu profitieren, sind relativ hohe Drücke von ca. 90-120 mmHg notwendig. Bei starken Verhärtungen allenfalls noch höhere, dazu braucht es weitere Studien.
Aus unserer Erfahrung wissen wir von VASOprime, dass manche Patienten sogar Drücke von bis zu 250 mmHg anwenden und so extreme Verhärtungen selbst nach Jahren ohne ausreichende Therapie wieder lockern konnten. Bei derart hohen Drücken ist allerdings eine engmaschige Kontrolle durch den behandelnden Arzt angezeigt.
Studiennachweis
- Deutsche Gesellschaft für Phlebologie (Überarbeitete Version März 2005): Leitlinien intermittierende pneumatische Kompression AWMF-Leitlinien-Register, Nr. 037/007, Entwicklungsstufe: 2; http://www.phlebology.de/home-v16/leitlinien-der-dgp-mainmenu/73-leitlinie-intermittierende-pneumatische-kompression-ipk-oder-aik
- Letteri CJ, Eliasson AH (2009): Pneumatic compression devices are an effective therapy for restless legs syndrome: a prospective, randomized, double-blinded, sham-controlled trial. Chest. 2009 Jan;135(1):74-80. doi: 10.1378/chest.08-1665.
- Marzanna Zaleska et al. (2013): Pressures and Timing of Intermittent Pneumatic Compression Devices for Efficient Tissue Fluid and Lymph Flow in Limbs with Lymphedema; Lymphat Res Biol. 2013 Dec 1; 11(4): 227–232.doi: 10.1089/lrb.2013.0016; Abrufbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3875197/
- Jakub Taradaj (2015): Comparison of efficacy of the intermittent pneumatic compression with a high- and low-pressure application in reducing the lower limbs phlebolymphedema. Ther Clin Risk Manag. 2015; 11: 1545–1554. doi:10.2147/TCRM.S92121
- Shinya Kitayama et al. (2017): Real-Time Direct Evidence of the Superficial Lymphatic Drainage Effect of Intermittent Pneumatic Compression Treatment for Lower Limb Lymphedema; LYMPHATIC RESEARCH AND BIOLOGY, Volume 15, Number 1, 2017; DOI: 10.1089/lrb.2016.0031
- Marzanna Zaleska et al. (2014): The Effectiveness of Intermittent Pneumatic Compression in Long-Term Therapy of Lymphedema of Lower Limbs; Lymphat Res Biol. 2014 Jun 1; 12(2): 103–109. doi: 10.1089/lrb.2013.0033